Awareness-Konzept

Awareness-Konzept des queeren Referates des Studierendenrates „Queer Campus“ der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

beschlossen durch die Referatssitzung am 25.01.2023, zuletzt geändert durch Beschluss der Referatssitzung vom 22.12.2023

Was bedeutet Awareness?

Der Begriff „Awareness” kommt aus dem Englischen und leitet sich vom Verb „to be aware” ab, was „sich bewusst sein” oder „achtsam sein” bedeutet. Awareness beinhaltet also eine gewisse Aufmerksamkeit und Sensibilisierung für einen respektvollen Umgang miteinander. Das oberste Ziel ist die Einhaltung und Beachtung deiner eigenen Grenzen und Bedürfnisse und die deiner Mitmenschen. Awareness steht dafür, dass sich alle Menschen in einem Raum möglichst wohl fühlen können.

Was sind Privilegien und was haben sie mit Diskriminierung zu tun?

Privilegien ermöglichen Personen, sich selbstbestimmt in unserer Gesellschaft zu bewegen und frei entfalten zu können, ohne dass sie dabei eine Existenzbedrohung oder andere negative Konsequenzen fürchten müssen oder erfahren. Nicht alle Menschen haben diese oder die gleichen Privilegien.
Diskriminierung baut auf diesen ungleichen Machtverhältnissen unserer Gesellschaft auf; es werden auf persönlicher oder auf institutioneller Ebene (z.B. an der Universität oder vor Gericht) verschiedene Personengruppen bevorzugt (z. B. weiß, deutscher Herkunft, heterosexuell) und benachteiligt (z. B. Schwarz, trans*, ohne deutsche Staatsbürgerschaft). Dies kann absichtlich oder unbewusst passieren. Durch fehlendes Wissen, fehlende Aufklärung und mangelnde Sichtbarkeit benachteiligter Personengruppen kann es passieren, dass wir uns gegenüber einer bestimmten Gruppe unsensibel verhalten, auch ohne es zu merken. Diskriminierung baut auf dieser Dynamik auf. Wenn gesellschaftlich benachteiligte Personen in ihrer Lebensrealität oft nicht gesehen und gehört werden führt dies zu Stress und Belastung, teilweise sogar Ohnmacht. Daher ist es wichtig, dass sich alle Menschen zu verschiedenen Diskriminierungsformen weiterbilden, so gut es mit ihren Ressourcen und mit ihrer Zeit vereinbar ist.

Wie funktioniert Awareness?

Unser Ziel als Referat ist es, einen Raum zu schaffen, der sich gegen Diskriminierung und Belästigung positioniert und der damit verbundene Aussagen oder Verhaltensweisen als solche erkennt, benennt, kritisch reflektiert und nach alternativen Handlungsmöglichkeiten sucht. Wir wünschen uns von allen Mitgliedern und Besucher*innen des Referats, dass diese offen für die Perspektiven anderer sind, Vorurteile abbauen und auf diskriminierendes und unsensibles Verhalten aufmerksam machen.
Wir arbeiten im Referat mit dem Ziel, einen safer space (dt. „sichereren Raum“) für alle Menschen zu gestalten. Wir streben also nach einem möglichst offenen und verbesserungsorientierten Umgang. Das Awareness-Konzept trifft keine Urteile über vergangene Fehler oder fehlendes Wissen zu bestimmten Diskriminierungsformen. Ziel ist es hier lediglich, aufzuklären und zukünftig rücksichtsvoller zu handeln. Das Konzept stellt dabei Richtlinien und Möglichkeiten, ist aber nicht für Urteile gedacht.
Genausowenig sollen Menschen moralisch bewertet werden – Ziel ist es, einen Umgang zu schaffen, der für alle angen ehm ist.

Richtlinien fürs Miteinander

  • Wir gehen rücksichtsvoll miteinander um.
  • Diskriminierung jeglicher Art (z. B. Rassismus, Fettfeindlichkeit, Queerfeindlichkeit (z. B. Homofeindlichkeit, Trans*feindlichkeit, A-Spec-Feindlichkeit), Sexismus, Ableismus, Saneismus, Klassismus, Ageismus) ist nicht erwünscht.
  • Alle entscheiden selbst, was für sie angenehm ist und was zu weit geht. Diese Definitionsmacht verjährt nicht, funktioniert also auch rückwirkend.
  • Wir setzen unsere eigenen Grenzen und respektieren sie untereinander, solange sie vereinbar sind und die Grenzen anderer nicht überschreiten.
  • Wir respektieren gegenseitig unsere Identitäten. Das beinhaltet die erkennbare Anstrengung gewünschte Namen, Pronomen und Anreden zu nutzen sowie Identitäten anderer nicht zu hinterfragen. Wir müssen unsere Identität niemandem erklären, wenn wir das nicht wollen.
  • Wir stellen Fragen rücksichtsvoll und haben jederzeit das Recht, Fragen nicht zu beantworten.
  • Wir entscheiden selbst, ob und wann wir fotografiert, gefilmt oder anderweitig aufgenommen werden und fragen, wenn wir vorhaben, dies zu tun.
  • Wir machen andere nicht lächerlich, belästigen und beleidigen niemanden und verletzen niemanden unkonsensuell. Unkonsensuelle Gewalt jeglicher Form ist nicht erwünscht.
  • Wir hören aktiv zu, kommunizieren respektvoll ohne Spott, Beleidigungen oder persönliche Angriffe.
  • Wir unterstützen uns gegenseitig, wenn es erwünscht ist. Couragiertes Verhalten ist ausdrücklich erwünscht.
  • Wir sind selbst verantwortlich für unser Handeln. Das heißt auch, dass wir Fehlerkultur praktizieren: Wenn wir auf ein Verhalten hingewiesen werden, das für andere unangenehm ist, zeigen wir Einsicht und ändern ggf. unser Verhalten, ohne uns selbst in eine Opferrolle zu begeben. Umgekehrt praktizieren wir Fehlerfreundlichkeit: Wir sind respektvoll, wenn wir andere auf unangenehmes Verhalten hinweisen. Wir wollen gemeinsam wachsen und lassen uns auch zur Verantwortung ziehen.
  • Wir handeln nach dem Konsensprinzip: Wir fragen Personen, ob sie berührt werden wollen, ob Komplimente, Flirten, sexuelle und romantische Avancen erwünscht sind. Wir achten auf verbale und non-verbale Signale und besonders auf das Wohlbefinden neurodivergenter (ADHS, autistischer etc.) und a-spec (a_romantisch und / oder a_sexueller) Menschen.

Das Awareness-Team

Das Awareness-Team sind Personen, die eine Beauftragung für diesen Posten auf Beschluss der Referatssitzung erhalten. Die aktuelle Besetzung kann auf unserer Website eingesehen werden.
Die Awareness-Verantwortlichen sind Ansprechpartner*innen bei persönlichen Problemen in unseren Räumlichkeiten und auf unseren Events. Sie unterstützen je nach Wunsch mit einem Rückzugsraum, offenem Ohr, bei der Suche nach Handlungsmöglichkeiten, beim Finden gemeinsamer Lösungen sowie Umsetzung derselben. Sie vermitteln so auch bei Konflikten. Außerdem betreuen sie den anonymen Briefkasten, in dem jederzeit Bedenken oder Fragen anonym hinterlassen werden können. Dieser befindet sich in unseren Räumlichkeiten rechts neben der Eingangstür. Zusätzlich sind sie per E-Mail unter awareness.qc@stura-md.de erreichbar.
Das Awareness-Team behandelt alle mit ihm geteilten Informationen vertraulich. Das Team wird sich untereinander u. U. austauschen, nach außen werden Informationen aber nur mit ausdrücklicher Erlaubnis getragen.

Queer Campus oder Gruppen, mit denen das Referat in Kooperation steht (z. B. Awareness-Referate der OvGU) stellen bei jeder größeren Veranstaltung (Events) ein Awareness-Team.
Auf Events sind die Personen für die Zeit der Veranstaltung präsent, klar gekennzeichnet, nüchtern und verfügbar. Bei größeren Events kooperieren sie mit den Awareness-Referaten der Fakultäten. Das Awareness-Team arbeitet ehrenamtlich und ist nicht professionell ausgebildet. Die Personen verpflichten sich, nach Möglichkeit zu unterstützen, dürfen aber auch eigene Grenzen setzen und evtl. an andere Personen des Teams verweisen. Traumadumping o. Ä. sollte nach Möglichkeit vermieden werden.

Die Möglichkeiten

Konsequenzen aufgrund grober Grenzverletzungen oder dauerhaft gefährdendem Verhalten sollten immer als Einzelfall im Rahmen des Referats oder des Awareness-Teams behandelt werden.
In den meisten Fällen ist es ausreichend, Personen auf ihr problematisches Verhalten hinzuweisen, solange Fehlerkultur und Fehlerfreundlichkeit praktiziert werden. Wer sich unwohl fühlt oder anderweitig Unterstützung möchte, kann das Awareness-Team jederzeit persönlich oder per Mail heranziehen. Alle können dabei selbst entscheiden, welche Form von Unterstützung sie in Anspruch nehmen wollen.
Bei wiederholten oder schwerwiegenderen Grenzüberschreitungen und Verletzungen können die Referent*innen eine Verwarnung aussprechen. Diese gilt als letzte Chance.
In schweren Fällen, bei Verweigerung der Einhaltung der Richtlinien oder bei erneuter Verletzung nach einer Verwarnung kann die Bitte ausgesprochen werden, dem Queer Campus und seinen Events fernzubleiben. Als letzte Instanz kann über einen Sitzungsentscheid eine Schiedsstelle des Sturas einberufen werden, die über einen Ausschluss aus dem Referat und / oder ein Hausverbot entscheidet.